Mit der Intention, die Integration von Ausländern zu erleichtern, hat der Gesetzgeber vonr einigen Jahren das Erfordernis eines Sprachtests beim Nachzug zu Ehegatten eingeführt (§ 30 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz).
Diese Regelung hat den Zuzug stark behindert. Nach dem, was unsere umfangreiche Mandantschaft so berichtete, waren die Kurse bei den Goethe-Instituten oft langfristig ausgebucht. Weiterhin fielen erhebliche Kosten an, nicht nur durch die Sprachkurskosten. Denn in der der Realität war und ist es oft so, dass der ausländische Partner nicht in der Hauptstadt des jeweiligen Landes lebt, wo die Sprachinstitute angesiedelt sind. Oft muss der Antragsteller nur für den Kurs in die Hauptstadt ziehen und dort wohnen. Hat er dort keine Verwandten, dann muss er eine Wohnung mieten. Wenn er dann vielleicht noch Kinder hat....
Das alles waren und sind enorme Kosten und Mühen. Dabei ist wissenschaftlich erwiesen und allgemein bekannt, dass das Sprachenlernen am effektivsten im Land dieser Sprache erfolgen kann, also in Deutschland.
Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden (AZ: C-138/13), dass das Gesetz, bezogen auf den Nachzug türkischer Eheleute zu in Deutschland lebenden Türken, rechtswidrig ist. Folglich wird der Visumantrag in diesen Fällen nicht mehr mit dem Argument abgelehnt werden können, dass der Antragsteller kein Sprachzertifikat vorweisen kann.
Dadurch entsteht nun jedoch eine Ungleichbehandlung. Denn die aktuell realisierte Praxis ist nun die, dass ein in Deutschland lebender Türke seine türkische Frau - oder die in Deutschland lebende Türkin ihren türkischen Ehemann - nachholen kann, auch wenn diese kein Wort Deutsch sprechen.
Der in Deutschland lebende Deutsche, auch wenn es sich dabei um einen türkischstämmigen Deutschen (z.B. also eingebürgerten Türken) handelt, kann aber seine ausländische Frau, sei sie nun Türkin oder Afrikanerin oder Asiatin usw. nicht nach Deutschland holen, wenn diese nicht wenigstens Grundkenntnisse der deutschen Sprache hat und diese in der Regel durch das Sprachzertifikat nachweisen kann. Dasselbe gilt freilich für die deutsche Frau und ihren ausländischen Ehemann.
Hinzu kommt noch der folgende Gesichtspunkt: Zieht eine türkische Frau zu ihrem in Deutschland lebenden türkischen Mann oder der türkische Mann zu seiner in Deutschland lebenden Frau, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass im gemeinsamen Haushalt türkisch gesprochen wird. Der oder die Zuziehende wird mithin nicht so schnell Deutsch lernen. Zieht die Ausländerin oder der Ausländer jedoch zu einem deutschen Partner, der ja oft die Muttersprache des ausländischen Partners wenig beherrscht, so wird in diesem Haushalt meistens deutsch gesprochen. Der Spracherwerb des Ausländers geht vergleichsweise schnell vonstatten.
Die aktuelle Rechtslage ist sehr bedenklich und die Regierung bzw. der Bundestag sollte eine Gesetzesänderung dahingehend in Angriff nehmen, dass dieses Spracherfordernis abgeschafft wird, und zwar für alle Ausländer.
Kein Sprachzertifikat beim Familiennachzug
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